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Diversityorientierte Prozessbegleitung in der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt



Das Ziel unserer Fachstelle DOKE ist, Berliner Bezirks- und Senatsverwaltungen bei der Umsetzung ihrer dezentralen Diversity-Vorhaben zu unterstützen. Die Grundlage dafür sind das Diversity-Landesprogramm sowie § 11 des Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG). In diesem Sinne berät DOKE Behörden anlassbezogen und prozessorientiert und unterstützt diese dabei, ihre selbstgewählten Diversity-Ziele umzusetzen. Doch was bedeutet das in der Praxis? Dies erklären wir anhand eines abgeschlossenen Prozesses mit der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SenKultGZ).


Das in der Auftragsklärung erarbeitete Ziel der SenKultGZ war die „Identifizierung von Diskriminierungsrisiken und Diversity-Potenzialen in Stellenausschreibungen und Auswahlgesprächen aus der Perspektive von Bewerbenden“. Hier sah die Behörde ein Optimierungspotenzial. „In den Stellenbesetzungsprozessen werden Diversity-Aspekte zwar berücksichtigt, systematisch im Prozess verankert ist Diversity jedoch noch nicht“, erklärt Hannah Spahn aus der Serviceeinheit Personal und Innere Dienste (SE 2). Diese Prozessuntersuchung wird von Claudia Reimann, Leiterin der SE 2, zugleich als Musterprozess verstanden: „Uns ist wichtig, Ideen und Lösungen zu erarbeiten, von denen wir als Verwaltung nachhaltig profitieren können und die sich im Idealfall auch in andere Bereiche in unserem Haus transferieren lassen.“


Das Projekt wurde in einer Prozessgruppe von zehn bis zwölf Beschäftigten der SenKultGZ gestartet. Alle Teilnehmenden haben in ihrem Zuständigkeitsbereich Anknüpfungspunkte zu den Themen Diversity und/oder Personal und haben sich freiwillig gemeldet. Diese Prozessgruppe übernimmt in diesem Rahmen die Ergebnisverantwortung während des Prozesses.


Dieser ist mit einem zweitägigen Diversity-Sensibilisierungstraining gestartet. Dies ist unerlässlich, damit alle Teilnehmenden eine Grundsensibilisierung für das Thema Diversität mitbringen. Darauf aufbauend folgten fünf Prozessgruppentreffen über sieben Monate verteilt.


Die gemeinsame Bestandsanalyse über Diskriminierungsrisiken und Diversity-Potenziale mit der Fachstelle DOKE erfolgte über mehrere Schritte: An erster Stelle stand die Identifizierung von Diskriminierungsrisiken und Diversity-Potenzialen in der „Candidate Journey“ (Logbucheintrag 1). Diese Methode illustriert den Weg der Bewerbenden im Stellenbesetzungsprozess. Daraufhin wurden diskriminierende Muster (Logbucheintrag 2) aufgedeckt – dies passierte über narrative Interviews, die von der Prozessgruppe mit ausgewählten Mitarbeitenden der SenKultGZ durchgeführt wurden. Darüber hinaus wurden über ein diskriminierungskritisches Lektorat, auch Sensitivity Reading genannt, beispielhafte Stellenausschreibungen der SenKultGZ aus verschiedenen Bewerbenden-Perspektiven überprüft.


Auf diesen Erkenntnissen aufbauend haben DOKE und SenKultGZ gemeinsam Lösungen entwickelt und auf Aufwand und Wirkung hin analysiert. Dies geschah durch ein “Lightning Decision Jam“[1] (Logbucheintrag 3) – hierbei handelt es sich um eine agile Methode zur hierarchiearmen Entscheidungsfindung. Hieraus ergaben sich verschiedene Maßnahmen, die schnell und effektiv umgesetzt werden konnten.


Im Ergebnis des Prozesses hat die Prozessgruppe zwei konkrete Maßnahmen zur diversitygerechteren Gestaltung von Stellenausschreibungen erarbeitet: ein FAQ für Bewerbende und eine Diversity-Checkliste für Stellenausschreibungen. “Insgesamt hat die SenKultGZ eine umfangreiche Bestandsanalyse zu Diskriminierungsrisiken und Diversity-Potenzialen im Stellenbesetzungsprozess durchgeführt. Die deklinierten Maßnahmen im Bereich Personalgewinnung sehen wir als einen ersten Schritt, auch im Hinblick auf § 11 (2), LADG, Geschäftsprozesse auf strukturelle Diskriminierungsgefährdungen hin zu überprüfen und geeignete Maßnahmen zu implementieren, um diese abzubauen. Die SenKultGZ ist methodisch und fachlich auf einem guten Weg ihren Prozess mit Blick auf die „Candidate Journey“ weiterzuführen, z.B. im Hinblick auf die Überprüfung der Auswahlgespräche, des Onboarding-Prozesses, der Personalentwicklungsmaßnahmen. Dies ist aus unserer Sicht empfehlenswert, da sich das gewünschte Ziel, nämlich die Verhinderung und Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung, erst entfalten wird, wenn die gesamte „Candidate Journey“ überprüft und geeignete Gegenmaßnahmen implementiert und erprobt sind.”, sagte Sharon Orias, Leiterin der Fachstelle DOKE.


Logbucheinträge (Methoden)


Logbucheintrag 1: Candidate Journey

Beim ersten Prozessgruppentreffen von der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt und der Fachstelle DOKE wurde unter anderem die Methode Candidate Journey angewandt.  Als Candidate Journey wird der Weg bezeichnet, den Bewerbende vom ersten Kontaktpunkt mit Arbeitgebenden bis hin zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens zurücklegen. Durch die Visualisierung einer Candidate Journey (auch Candidate Journey Mapping genannt) werden dabei die potenziellen Erfahrungen und Wahrnehmungen der Jobsuchenden beschrieben.

 

Umsetzung:

Zwei Kleingruppen sollten einen typischen Verlauf der Candidate Journey bei SenKultGZ auf einer Zeitachse abbilden. Folgende Aspekte sollten dabei beachtet werden: Welche Phasen gibt es und was passiert dort? Wer ist involviert und in welchem Moment? Wer sind die Schlüsselpersonen oder -instanzen in der Candidate Journey? Und warum ist das so? Anschließend wurde gemeinsam analysiert, wo die größten Diskriminierungsrisiken aus Sicht der Bewerbenden liegen – und darüber hinaus, in welchen Momenten die Bewerbenden involviert sind.

 

Ergebnis:

Die Prozessteilnehmenden haben ihr Wissen über den Stellenbesetzungsprozess bei SenKultGZ geteilt und erfasst. Darauf aufbauend wurden Schlüsselpersonen und Diskriminierungsrisiken in der gesamten Candidate Journey identifiziert. Bis zum nächsten Prozessgruppentreffen bekamen die Teilnehmenden die Aufgabe, die ermittelten Schlüsselpersonen zu interviewen und die eigenen Erkenntnisse aus dem Workshop mit deren Arbeitsabläufen abzugleichen.


Logbucheintrag 2: Muster erkennen

Beim dritten Prozessgruppentreffen von der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhaltes und der Fachstelle DOKE wurde unter anderem die Methode “Muster erkennen” angewandt. Die Teilnehmenden der Prozessgruppe hatten im Anschluss an das erste Prozessgruppentreffen (Logbucheintrag 1) die Aufgabe, von ihnen identifizierte Schlüsselpersonen im eigenen Haus, die beim Stellenbesetzungsprozess maßgeblich sind, auf Diskriminierungsrisiken hin zu interviewen. Diese Interviews sollen nun ausgewertet werden.

 

Umsetzung:

Alle neun geführten Interviews wurden der Gruppe anonymisiert vorgelegt. Zunächst haben alle Teilnehmenden in Einzelarbeit die Interviews mit einem prozessorientierten Blick gelesen, also mit der Frage: Erkenne ich hier Diskriminierungsrisiken oder -potenziale? Diese Beobachtungen und Interpretationen wurden schließlich in der Gruppe miteinander geteilt.

 

Anschließend ging es über zur eigentlichen Methode: In Kleingruppenarbeiten identifizierten die Teilnehmenden anhand der vorher erkannten Diskriminierungsrisiken wiedererkennbare Muster innerhalb der verschiedenen Interviews. Diese wurden detailliert beschrieben und im Plenum gemeinsam diskutiert.

 

Ergebnis:

Über diese Methode wurde die Kompetenz geschärft, Diskriminierungsrisiken und Diversitätspotenziale in den Stellenbesetzungsprozessen der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zu erkennen und zu beschreiben.


Logbucheintrag 3: Lightning Decision Jam

Beim vierten Prozessgruppentreffen von der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt und der Fachstelle DOKE wurde unter anderem die Methode “Lightning Decision Jam”[1] angewandt. Diese Methode ist eine Entscheidungstechnik. Sie besteht aus mehreren Schritten, zwischen denen immer wieder Abstimmungen durchgeführt werden. Durch diese Herangehensweise an Problemstellungen können Entscheidungen strukturiert und verkürzt werden. Insbesondere liegt der Vorteil darin, dass alle Teilnehmenden gehört werden und demokratisch zwischen den Ideen gewählt wird.

 

Umsetzung:

Die erste Arbeitsphase bestand aus drei Teilen. Im ersten Teil “Positive Erfahrungen und Erkenntnisse” beantworteten die Teilnehmenden folgende Fragen: Was machen wir schon gut? Was bringt uns dem Ziel näher? Im zweiten Teil “Erfassen von Problemen” präsentierte die Fachstelle DOKE die im vorhergehenden Treffen identifizierten Diskriminierungsmuster- und -risiken (Logbucheintrag 2). Der dritte Teil “Priorisieren” ließ die Teilnehmenden erneut alle erkannten Diskriminierungsmuster durchgehen. Jede Person bekam drei rote Punkte zum Priorisieren der schwerwiegendsten Probleme. Anschließend gab die Fachstelle DOKE eine Einschätzung zu den drei schwerwiegendsten Problemen.

 

Die zweite Arbeitsphase II bestand aus zwei Teilen. Im ersten Teil formulieren die Teilnehmenden die ausgewählten Probleme aus der Arbeitsphase I in Herausforderungen mittels HMW-Fragen um. HMW steht für „How Might We“ auf Englisch oder „Wie können wir“ auf Deutsch. In der zweiten Phase überlegen und schreiben die Teilnehmenden in Einzelarbeit Lösungen zu den formulierten Herausforderungen. Die Lösungen sind im besten Fall wenig aufwändig und besonders wirksam. Anschließend werden alle Ideen auf der Pinnwand platziert und Verständnisfragen werden geklärt. Die Teilnehmenden gehen alle Lösungen durch. Jede Person bekam sechs rote Punkte und wählte die aus Ihrer Sicht am wirksamsten auf die Zielerreichung hinwirkenden Lösungen. Anschließend gab die Fachstelle DOKE eine Einschätzung zu den sechs wirksamsten Lösungen.

 

In der dritten Arbeitsphase wurden alle ausgewählten Ideen auf einer 2x2 Matrix (Wirkung-Aufwand) platziert. Die Teilnehmenden tauschten sich über Wirksamkeit und Ressourcen-Aufwand der Lösungen aus und einigten sich über ihre Positionierung in der Matrix. Die Fachstelle DOKE stand als beratende Stimme in der Diskussion zur Seite. Anschließend wurden zwei Maßnahmen zur Konzeption und Umsetzung ausgewählt.

 

Ergebnis

Die Teilnehmenden haben die größten Diskriminierungsrisiken und -muster erkannt und priorisiert. Darauf aufbauend haben sie Lösungsideen und Maßnahmen entwickelt, die im Hinblick auf Wirksamkeit und Aufwand zeitnah und effizient umgesetzt werden können.


[1] Entwickelt von der Berliner Agentur AJ&Smart







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